Redebeitrag zum Thema Errichtung einer öffentlichen Uhr auf dem Freien Platz von Kai Hilbig

10.02.2020

Prüfaantrag CDU-Fraktion zur Errichtung einer öffentlichen Uhr auf dem Freien Platz

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, sehr geehrte Damen und Herren vom Magistrat, liebe Bürger, sehr geehrte Kollegen, liebe Kollegen der CDU,

ich zitiere aus Ihrer Begründung:

„die Zeit gehört mit zum Wertvollsten, was uns geschenkt wird.

Man sollte sie nicht vernachlässigen…*“ [* aus Antragstext der CDU]

[Kai Hilbig stellt drei Uhren sichtbar auf das Rednerpult].

Ich habe es jetzt tagelang ausprobiert und wollte es Ihnen auch zeigen: ich kann machen was ich will…, auch wenn ich drei Uhren besitze  …habe ich nicht mehr Zeit!

Ich habe auch in der Steinbacher Geschichte noch einmal nachgeschaut: Und ich zitiere noch einmal:

„Ende des 15. Jahrhunderts bereits warben Bürger dafür, dass die Errichtung einer öffentlichen Uhr dazu führt, dass Menschen häufiger zur Messe gehen und ein fröhlicheres und geordneteres Leben führen.*“ [* aus Antragstext der CDU]

Es tut mir leid, was hier ein wenig nach Steinbach klingen soll, lässt sich leider historisch nicht für unseren Ort belegen und muss wohl eher für einen anderen Ort gegolten haben. Wenn die Steinbacher damals wohl ein Problem nicht gehabt haben, dann war es der regelmäßige Gang in unsere St. Georgskirche. Auch im 15. Jahrhundert schon… Sonst hätte man sie dort erst gar nicht bauen müssen.

Vor einigen Minuten habe ich etwas euphorisch zur neuen historischen Stadtmitte gesprochen. Und wir alle hier im Plenum waren uns einig, dass wir hier möglicherweise etwas Großes gestalten könnten. Dazu möchte ich noch einmal kurz aus der Vorlage Historischer Ortskern zitieren:

Das Programm zielt darauf ab, bau- und kulturhistorisch wertvolle Stadtkerne über die jeweiligen Einzeldenkmale, Straßen und Plätze hinaus in ihrer baulichen und strukturellen Eigenheit und Geschlossenheit zu erhalten und zukunftsweisend weiter zu entwickeln. Die Förderung im Rahmen des Programms städtebaulicher Denkmalschutz soll für Gesamtmaßnahmen eingesetzt werden, insbesondere um historische Stadtkerne mitdenkmalwerter Bausubstanz auf breiter Grundlage zu sichern und zu erhalten.*[* aus Vorlagentext der Stadt zum „Historischen Stadtkern“]

Wir wollen doch in Zukunft den Stadtkern als Ganzes sehen. Im Gegensatz zur Vorlage Historische Altstadt haben wir es bei Ihrer Idee, liebe Kollegen, nicht mit einem historischen Erhalt zu tun, denn dazu müsste es auf dem Freien Platz einmal eine entsprechende Uhr gegeben haben.  Die gab es aber nicht.

Und besonders wenn Sie im Beschlussvorschlag ausführen, dass „die Uhr in die bestehende Umgebung des historischen Platzes (passt) passen“ solle, dann stellt sich für mich, dann stellt sich für die Fraktion der Freien Demokraten die ganz einfache Frage: Warum sollen wir jetzt eine Uhr auf unseren Freien Platz stellen, wenn wir gerade davor sind ein neues gesamtes Konzept gemeinsam zu entwickeln?

Warum brauchen wir gerade jetzt, wenn neue Blickachsen auf die Kirchturmuhr geschaffen werden könnten…   eine zweite Uhr?

[Haben wir dadurch mehr Zeit?]

Ist die christliche Zeit gar falsch oder abgelaufen?

Ist die städtische Zeit richtiger?

Sind wir in einer neuen Zeitrechnung?

Ich weiß nicht, wie viel Schwarz-Weiß-Denken gerade in Ihnen emporsteigt. Aber muss man dabei nicht unweigerlich an die Geschichte von Don Camillo und Peppone denken? Den Streit um die richtige Zeit und sogar schlussendlich auch um die frühste Zeit… Werden die Menschen an den Wartehäuschen in ihrem starren Blick auf die Mobiltelefone diese neue Uhr überhaupt wahrnehmen? Ja…um in Ihrem Tenor zu bleiben:  die Zeit zu würdigen wissen?

Und das scheint mir die viel gravierendere Frage zu sein: Werden sie dieser Zeit überhaupt trauen? Es ist immerhin auf dem ersten Blick keine Google-Zeit.

[Liebe Kollegen der CDU, ich habe beim ersten Lesen schon eine kupfer-grünliche Uhr wie das Uhrtürmchen von Sinn auf der Friedberger Anlagen in Frankfurt auf unserem Freien Platz gesehen. Für Frankfurt ergibt das auch durchaus einen „Sinn“, weil eben dieser Hersteller auch ein stolzes Frankfurter Unternehmen ist. Aber für Steinbach?]

Wollen wir unseren Freien Platz verbauen? Der Platz hat seit den späten 80er Jahren endlich wieder seinen eigentlichen Charme zurückerhalten. Befreit von allen Elementen und Blumenkübel lebt er im Umfeld der historischen Bebauung. Der Platz lebt von seiner künstlerischen Aussage zum ehemaligen Laufbrunnen und „die Bach“, dem Steinbach, der seinerzeit noch direkt über den Platz geflossen ist. Mit der letzten Grundüberholung wurden neue Bäume gesetzt und heute ist der Freie Platz in den hellen und warmen Monaten mal ein blühender, mal schattenspendender, aber immer ein gemütlicher und ein ganz besonderer Ort. Er bietet den notwendigen Platz für den Weihnachtsmarkt mit seinem großen Weihnachtsbaum, er bietet den Platz für den Bürgerschoppen, der Bachrechtstaufe und für ein rotes Weinfest. Die damaligen Marktbeschicker des Dienstagmarktes waren sicherlich froh, dass sie ihre Fahrzeuge auf dem Platz immer passend ausrichten konnten.

Wollen wir uns die Fläche durch eine Uhr, die weder einen Bezug zu Steinbach noch zur historischen Vergangenheit des Platzes hat, verbauen? Wo sollte denn die Uhr stehen, wenn das Wegerecht zum Goldenen Stern auch als Feuerwehrzufahrt gegeben sein muss? Da bleibt nicht viel übrig.

Ich geben Ihnen liebe Kollegen recht und verstehe ihre Situation, wenn Sie sagen: es ist ein Prüfantrag:   nicht mehr – nicht weniger!

Darüber haben wir in der Fraktion und in der Koalition lange miteinander gerungen. Aber wir Freien Demokraten sehen diesen Prüfantrag nicht als einen üblichen Prüfantrag an:

Während wir sonst über eine Sache an einem zu findenden Platz in einer noch zu findenden Aktion prüfen lassen, steht hier doch nahezu alles fest: Ort (Freier Platz) und Sache (Uhr auf dem Platz)

Hier bewegt sich die Entscheidung eigentlich zwischen:  ich bin dafür – ich bin dagegen.

Wenn wir heute darüber positiv entscheiden, dann muss jedem klar sein, dass wir vor der Umsetzung eines Gesamtkonzeptes neue historische Altstadt Fakten schaffen, die zu diesem Zeitpunkt unpraktisch und unnütz sind. Sollte eine Uhr tatsächlich dem Freien Platz gut tun, dann tun wir gut daran, diese Entscheidung nicht vorschnell am heutigen Tag zu treffen, sondern diese Frage in all unsere Überlegung zum Erhalt und zur Aufwertung des Historischen Stadtkerns zu legen.

Möglichweise würde sie dann auch um 66% billiger in der Anschaffung werden.

Die Freien Demokraten wollen sich den Freien Platz nicht vor dem großen Konzept unnötig zustellen und werden der Vorlage nicht zustimmen.