Redebeitrag von Kai Hilbig zum Thema: „Villa Rustica“
Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, sehr geehrte Damen und Herren vom Magistrat, liebe Bürger,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
die „Villa Rustica“: Ich muss gestehen, dass ich als Kommunalpolitiker der jüngeren Zeit nicht ganz im Thema war und mich erst einmal informieren musste. Und wo kann man das am besten machen? „Frag‘ doch mal beim Geschichtsverein nach. Die kennen die Thematik ja sicherlich am besten. “Dort war man allerdings sichtlich überrascht, denn derartige Gedanken und Pläne waren bisher nicht zu ihnen durchgedrungen. Da liegt also in der Verbindung vom Baugebiet „Alter Cronberger Weg“ zum Bauernhof Stamm, gegenüber des kleinen Spielplatzes Königsteiner Straße die Villa Rustica vergraben.
WIKIPEDIA: Als villa rustica bezeichnet man ein Landhaus oder Landgut im Römischen Reich. Es war Mittelpunkt eines landwirtschaftlichen Betriebs und bestand neben dem Hauptgebäude aus Wirtschafts- und Nebengebäuden, die meist innerhalb eines ummauerten Hofes standen.
Vergraben, nicht weil sie da jemand neu verbuddelt hat, sondern weil sie dort immer schon war und sich das Geländeniveau darübergelegt hat. Wir können davon ausgehen, dass sie mindestens 50-70cm unter der jetzigen Bodenebene liegt. Würde man sie nun freilegen, entstünde ein deutlich tiefergelegtes Freidenkmal, dass damit auch dem Wetter und dem Wasserzulauf über dem Gelände ausgesetzt wäre. Das könnte interessant werden! Ohne Zweifel ist jedes historische Element der Steinbacher Geschichte wichtig und eine Hervorhebung wäre somit ganz im Sinne des Geschichtsvereins.
Dennoch habe ich persönlich als Kommunalpolitiker da eine etwas differenzierte Meinung: Viele Heimatmuseen unserer Region dokumentieren in Ihren Sammlungen das Leben im Vorder- oder Hintertaunus. Da gibt es Dreschflegel, Apfelsaftpressen, bei anderen einen Pflug und Pferdezaumzeug und bei den nächsten eine Schuhwerkstatt oder einen Amboss des alten Dorfschmieds. Jeder stellt das aus, was zufällig die Jahre in irgendwelchen Kellern und Schuppen überlebt hat. Diese einfachen Dinge des alltäglichen Lebens sehe ich nahezu in jedem Heimatmuseum.
Aber sind wir doch mal ehrlich: vieles davon ist für Romantiker und Nostalgiker. Das muss ich nicht sowohl in Steinbach, Schmitten, Weilrod oder Seulberg sehen – dafür haben wir den tollen Hessenpark, der dieses viel besser kann. Dort finde ich konzentriert und umfänglich die Geschichte des Handwerks und des Alltags unserer Vorfahren wieder. Und wir haben die Saalburg. Sie ist das alles überragende römische Vorzeigemuseum in unserer Region. Sie dokumentiert das römische Leben und steht zu Recht für die Geschichte des Limes.
Diese Geschichte gehört zum Taunus, aber unsere Villa Rustica ist beileibe kein Meilenstein darin. Unsere „Villa Rustica“ ist ein Teil der Steinbacher Geschichte, aber sie ist nicht die Steinbacher Geschichte. Nicht so wie die Kelten, die hier dauerhaft gesiedelt und gelebt haben und dadurch die Steinbacher Geschichte in Gang gebracht haben. Davon zeugt unser Freier Platz, denn er ist die Fortführung der frühen Runddörfer.
WIKIPEDIA: Als Kelten bezeichnet man seit der Antike Volksgruppen der Eisenzeit in Europa. Archäologische Funde zeugen von einer ausgeprägten Kultur und hochentwickelten sozialen Struktur dieser Volksstämme.
Wenn man es ganz pragmatisch betrachtet: dann waren die Römer hingegen eine Besatzungsmacht, die die hier lebenden Volksstämme und Familien vertrieben haben und in unserer Region Ihre Ausbreitung mit dem Limes absichern wollten. Sie waren somit ohne Zweifel hier in Steinbach – aber so beeinflusst wie Xanten, Trier und Köln war das Steinbacher Leben davon nicht. Ich erwähne das so explizit, weil wir irgendwann auch mal über die Finanzen sprechen müssen und dabei hier in der Stadtverordnetenversammlung die Kosten und den Nutzen der Villa abzuwägen haben.
Steinbacher Geschichte: das ist jetzt erst einmal das laufende Projekt „Lebendige Zentren“ Denn damit bewahren wir unsere ureigenste Vergangenheit und Geschichte des alten Stadtkerns rund um den Freien Platz. Dieses Projekt wird uns schon erhebliche finanzielle Bemühungen abverlangen.
Ob die freigelegten Mauern die Menschen von der Radroute in unser Steinbach locken werden, müssen wir sehen. Ich erinnere nur an das unsägliche Beispiel der freigelegten Mauern der ersten Besiedlungen auf dem Römerberg. Was war das jahrzehntelang für ein Trauerspiel, dass sich erst mit der Eröffnung der neuen Altstadt ganz anders und erfolgreich darstellt.
Lieber Christian Breitsprecher, CDU, Du sagst in Eurer Pressemeldung: „Da würde sich eine freigelegte „Villa Rustica“, mit den entsprechenden Erläuterungen und Möglichkeiten zum Verweilen sehr gut einpassen“. Die entsprechenden Erläuterungen braucht so ein Projekt mit Sicherheit – aber wer kann diese leisten? Vor dem Geschichtsverein stehen so viele Projekte, dass ein weiteres Großprojekt in deren Ehrenamt eingebunden werden muss. Und ich verrate sicherlich kein Geheimnis: Geschichtsvereine sind in der heutigen Gesellschaft nicht so „en vogue“, wie es sich die Lokalhistoriker gerne wünschen würden.
Aber vielleicht laden Sie ja mal den Vorsitzenden des Geschichtsvereins zu Ihnen in die Fraktion? Dann könnten Sie aus erster Hand das Thema gemeinsam beplanen.
Die Fraktion der Freien Demokraten stimmt Ihrem Antrag gerne zu.