Wortbeitrag zum Thema »Leihgroßeltern« (Opa-/Oma-Vermittlung) von Sigrid Hilbig am 4. 7. 2016
Sehr geehrter Herr Stadtverordneten-Vorsteher,
meine Damen, meine Herren!
Sicherlich ist es unstrittig, dass die heutigen Familienstrukturen, besonders im städtischen Bereich, nicht mehr denen entsprechen, die der sogenannte »Generationenvertrag« mal als Basis vorgesehen hat. Eltern und Großeltern leben in der Regel nicht mehr unter einem Dach – und oft nicht einmal im selben Ort.
Deshalb ist das Zusammenbringen der Generationen grundsätzlich positiv zu bewerten und auch förderungswürdig, da beide Seiten davon profitieren können: Die Senioren werden weiterhin ins moderne Leben integriert und bleiben bei Themen wie Technik und Fortschritt am Ball und die Kleinen erhalten Wissen und Erfahrungen vermittelt.
Somit ist die Idee, »Leihgroßeltern« zu suchen, für Familien, die über keine leiblichen oder wohnungsnahen Großeltern verfügen, genau der richtige Ansatz.
Aber muss das unbedingt die Aufgabe von Verwaltung und Politik sein?
Wir glauben nicht! Denn:
Verwaltung bzw. Politik und Familienleben sollten – wenn möglich – so lang wie es geht voneinander getrennt werden, um aber andererseits – wenn nötig – so schnell wie möglich eingreifen zu können.
Im Fall der Vermittlung von Leihgroßeltern sehen wir die Dringlichkeit des Handels seitens der Stadt allerdings nicht gegeben. Uns ist kein akuter Sachstand bekannt, der nicht durch eine Eigeninitiative gelöst werden könnte.
Nun ist das mit der Eigeninitiative ja immer so eine Sache. Viele wissen nicht, wie sie es angehen sollen oder kennen die Angebote nicht. Aber glauben Sie wirklich, dass wir durch ein weiteres Projekt, eingebettet in die Soziale Stadt, diese Problematik ändern können?
Warum frage ich das so direkt?
Weil wir in Steinbach bereits einen Verein haben, der genau diese Leistungen völlig kostenlos anbietet: »die brücke«!
Hier kann jeder seine Hilfe anbieten und auch Hilfe in Anspruch nehmen. Aus meiner Erfahrung als 2. Vorsitzende kann ich berichten, dass wir im letzten Jahr genau zu diesem Thema die Anfrage einer jungen Familie hatten und auch eine passende »Oma« gefunden haben.
Auch auf einem anderen Weg der Selbsthilfe kann man tätig werden. So hängt zum Beispiel ganz aktuell im Kindergarten ein Aushang von einer Seniorin, die gerne für ein Kindergartenkind Ersatzoma sein möchte. Das ist nah an der Zielgruppe und viel effektiver, als eine professionelle Vermittlung einzuschalten.
Zudem engagieren sich ja auch einige Senioren bereits freiwillig und ehrenamtlich für Kinder: z.B. in Vorlesestunden in Bücherei und Schule. Und im Kükennest hilft eine Bewohnerin aus der Seniorenwohnanlage gelegentlich in der Gruppenarbeit mit.
Wir sind der Meinung, dass diese praxis- und zielgruppennahen Aktivitäten unterstützt werden sollen und wir im Moment keine professionellen Anbieter benötigen.
Sicherlich können wir auf die Angebote der brücke noch einmal explizit hinweisen – dies würde ich dann aber lieber in meiner Funktion als 2. Vorsitzende machen und nicht die Verwaltung damit bemühen.
Deshalb lehnen wir den Antrag ab.