Redebeitrag von Laura Jungeblut zum Thema: Schutz und Erhalt von Streuobstwiesen zur Heimatpflege

30.08.2021

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, sehr geehrter Damen und Herren vom Magistrat, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste

das Thema, das mit diesem Antrag zusammenhängt, liegt mir besonders am Herzen.

Unser Antrag trägt den Titel ‚Errichtung einer Streuobstwiese zur Heimatpflege‘. Wir bitten den Magistrat, ein Konzept zur Stärkung der Streuobstwiesen in Steinbach zu entwickeln. Dieses Konzept soll zunächst in den Bau-Ausschuss zur Beratung gegeben werden und anschließend der Stadtverordnetenversammlung vorgelegt werden. Um das Konzept zu erstellen, sollen Fördermaßnahmen aus allen Ebenen berücksichtigt werden.

Es gibt einen Streuobstbeauftragten vom ‚Regionalverband FrankfurtRheinMain‘, der ein Experte in diesem Gebiet ist. Der Magistrat soll diese Person in die Planung einbeziehen. Weiterhin möchten wir, dass geprüft wird, ob Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen unserer Stadt an einem Förderprogramm des Regionalverbandes teilnehmen können, damit sie Experten in der Pflege von Streuobstwiesen werden können. Ein Baumkataster – ein Verzeichnis, in dem Bäume online verwaltet werden – soll zusätzlich erstellt werden. Bei der Lage der Streuobstwiese soll die Lokalität in Steinbach sowie die privaten Aktivitäten der Bürgerinnen und Bürger berücksichtigt werden.

Aber was bietet denn eine Streuobstwiese eigentlich?

Streuobstwiesen sind super vielfältig und ein naturnaher Lebensraum für unendlich viele Tiere. Sie bieten beste Voraussetzungen für eine hohe Artenvielfalt. Die Nährstoffknappheit durch die fehlende Düngung bewirkt, dass keine Pflanzenart überhandnehmen kann. So können zahlreiche Arten nebeneinander existieren. Streuobstwiesen sind weiterhin von hohem ökologischem Wert und besonders nachhaltig.

Die Bäume der Streuobstwiesen könnte man als einen stockwerkartigen Aufbau beschreiben. Ganz unten, kommen, je nach Bodentyp, unterschiedliche Pflanzen vor. Am Stamm wachsen außerdem Moose und Flechten. Die zahlreichen Pflanzensorten locken wiederum viele Tierarten an, wie Insekten, Amphibien, Reptilien und Säugetiere. Am Wurzelbereich der Bäume leben Spitzmäuse, Feldmäuse und Igel.

In der „oberen Etage“ der Bäume finden verschiedene Tierarten ein Zuhause. Typische Vogelarten, die auf solchen Wiesen anzufinden sind, sind Steinkauz, Wendehals, Grün- und Buntspecht. In den oberen Ästen finden auch Fledermäuse und Siebenschläfer Unterschlupf, und unter den Rindenritzen im Baumstamm können sich Hornissen und Käfer einnisten.

Tiere, wie Hasen, Rehe und Vögel profitieren vom heruntergefallenen Obst. Es entstehen also mehrere Kleinbiotope nebeneinander. Insgesamt kommt man auf mehr als 5000 Tier- und Pflanzenarten, die gemeinsam auf einer Streuobstwiese leben.

Die hochstämmigen Bäume, die verstreut in der Landschaft stehen, tragen unterschiedliches Obst wie Äpfel, Birnen, Kirschen, Pflaumen oder Walnüsse. Die Wiese kann zudem als Weideland genutzt werden. Außerdem bieten Streuobstwiesen einen Heimatfaktor. Sie sind nämlich der Ursprung für den für Hessen typischen Apfelwein.

Streuobstwiesen bringen über das ganze Jahr hinweg Ertrag (Obst) und das auch jahrzehntelang. Demnach sind sie eine langfristige Investition. Das war übrigens auch schon früher so. Im einzigen Heimatbuch Steinbachs von Hermann Pauli führt er eine Statistik über die Anzahl der Obstbäume an. Beispielsweise im Jahr 1956 hatte Steinbach 10520 Kernobstbäume, 5898 Steinobstbäume und 42 Nussbäume.

Natürlich müssen sie regelmäßig gepflegt werden, damit die Wiese/Bäume gut erhalten bleiben. Eines muss uns aber auch klar werden, Streuobstwiesen dürfen kein Open-Air-Selbstbedienungsladen sein.

Ich habe zu Beginn erwähnt, dass Streuobstwiesen mir persönlich am Herzen liegen. Sie tun der Umwelt sehr gut, da sie einen natürlichen Lebensraum bieten. Außerdem weisen sie einen hohen Erlebnis- und Erholfaktor auf. Man kann durch die Wiesen spazieren und sich die Bäume in Ruhe anschauen. Dabei entdeckt man viele Tiere und atmet den süßen Duft des Obstes ein. Ein weiteres Anliegen meinerseits ist das Thema Streuobstwiesen in Schulen oder Kindergärten. Es ist ein spannendes Thema. Früher ging der Kindergarten, den ich besuchte, die Felder vom ‚Quellenhof‘ besuchen. Das findet leider meines Wissens nicht mehr statt. Dieses Projekt könnte durch eine neue Streuobstwiese wieder ins Leben gerufen werden.

Man merkt auch, dass Streuobstwiesen insgesamt von hoher Bedeutung sind. Dieses Jahr gab es sogar zum ersten Mal den europäischen „Tag der Streuobstwiese“ am 30. April 2021. Ab diesem Jahr soll verstärkt auf die Bedeutung von Streuobstwiesen für Pflanzen, Tiere und Menschen hingewiesen werden. In Hessen unterstützt auch das Regierungspräsidium Kassel den Erhalt, die Instandsetzung oder die Neuanlage von Streuobstwiesen, indem es sie als gesetzlich geschützte Biotope fördert. Neben dem europäischen Tag der Streuobstwiese gab es 2018 schon den ersten Streuobsttag FrankfurtRheinMain. 90 Vertreterinnen und Vertreter von Landkreisen, Städten und Gemeinden haben dort teilgenommen. Es wurde dort die Lohrberger Erklärung formuliert. Sie beinhaltet gemeinsame Ziele zur dauerhaften Erhaltung der Streuobstwiesen in unserer Region:

  • Kulturlandschaft der Streuobstwiesen sollen künftigen Generationen als Identifikationsstifter, Erholungsgebiet und Nahrungslieferant zur Verfügung stehen
  • Es soll eine Datenbank aufgebaut und gepflegt werden, in der die Streuobstwiesen, die Anzahl der Bäume, Eigentumsverhältnisse, Sorten, Alter und anderes mehr verzeichnet sind.
  • Es soll umfassende Aufklärung und Schulung betrieben werden. Die Adressaten sind die Kommunen, Schulen (jedes Kind soll in seiner Schulzeit einmal eine Streuobstwiesen-Aktion erleben), Streuobst-Engagierte und weitere Nutzer (Aufklärung über Diebstahl, Hundeverhalten etc.).
  • Es soll eine Streuobstbörse eingerichtet werden, in der zur Verfügung stehende Grundstücke angeboten und nachgefragt werden können.

Abschließend kann ich nochmal kurz zusammenfassen:

Streuobstwiesen sind wichtig für die Umwelt. Sie bieten einen natürlichen Lebensraum für Pflanzen und Tiere. Und wir Menschen profitieren von dem Obst, das die Bäume tragen. Und wir bewahren und pflegen damit ein Stück eigene Heimat. Gerade für mich als junger Mensch ist es deshalb wichtig, die Streuobstwiesen in Steinbach auch für kommende Generationen zu erhalten.

Wir bitten daher um Zustimmung zu unserem Antrag. Vielen Dank.