Redebeitrag von Kai Hilbig zum Thema: Antrag Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Dorfmitte

24.08.2020

Sehr geehrte Frau Stadtverordnetenvorsteherin in Vertretung, sehr geehrte Damen und Herren vom Magistrat, sehr geehrte Kollegen, liebe Bürger,

im Frühjahr hatten wir hier in der Sitzung der Stadtverordneten-versammlung den Grundsatzbeschluss zur Stärkung des historischen Stadtkerns gefasst. „Lebendige Zentren“ ist der begleitende Begriff aus dem Förderprogramm. Mit dem vorliegenden Aufstellungsbeschluss werden nun die weiteren Schritte gegangen. Der Bebauungsplan erhält den Namen „Dorfmitte“ und legt den Geltungsbereich sowie die Planziele fest. Auf den Punkt gebracht, soll so unsere historische Dorfmitte um das alte Zentrum des Freien Platzes sichtbar bleiben und erlebbar werden.

Die Freien Demokraten sehen in dem Projekt „Dorfmitte“ das übernächste große Projekt für unsere Stadt. Mit dem neuen Feuerwehr Gerätehaus, einer möglicherweisen Erneuerung des Rathauses und der neuen Kindertagesstätte im Steinbacher Süden stehen notwendige und prägende Projekte auf unserer Arbeitsliste der kommenden Jahre.

Nun kommt die historische Stadtmitte dazu. In die Jahre gekommen und etwas von der Zeit gezeichnet. An einigen Stellen am Verfallen – an anderen Stellen abgelebt. Dennoch bleibt es das Herzstück unserer Identität. Hier ist Steinbach entstanden und gewachsen. Mit der Stärkung der Historischen Mitte stellen wir diese Mitte nun in den kommenden Vordergrund.  Wir führen damit konsequent den bekannten Stil und die Handschrift der Steinbacher Freien Demokraten weiter: unser Ort muss erkennbar sein.

Unter Bürgermeister Dr. Stefan Naas begann die historische Rückbesinnung – mit Bürgermeister Steffen Bonk wird sie, wohlmöglich mit der Unterstützung des Landes, weitergeführt. Es ist richtig, auf ein modernes Steinbach zu setzen, dass genau weiß, wo seine Wurzeln in den Jahrhunderten waren. Aus der Vergangenheit zu lernen, heißt auch… diese Vergangenheit zu bewahren und erlebbar zu machen.

Die Rückbenennung zum „Freien Platz“, die uns Freien Demokraten sehr wichtig war, war der eigentliche erste wahrnehmbare Startpunkt für unsere Rückbesinnung und somit auch für das heutige Projekt „Dorfmitte“. Damals wurde ein erster Urzustand wiederhergestellt und alle Straßen und Plätze in diesem Quartier führten wieder ausnahmslos ihre alten historischen Namen.

Unabhängig von den tatsächlichen finanziellen Möglichkeiten müssen wir nun kreativ, offen und mutig denken, um Ideen zu entwickeln, die unsere Dorfmitte erhalten, verbessern und wieder-erlebbar-machen. Und auch uns wird die zentrale Fragestellung aller Stadtteilplaner beschäftigen müssen: wie bekommt man Leben in die Bude?

Leben bekommt man in ein Quartier, wenn die Rahmenbedingungen zur Stärkung des Gewerbes stimmen und sich dadurch interessante Anlaufpunkte ergeben können. Schlussendlich aber bleibt es der freien Wirtschaft vorbehalten zu entscheiden, ob sie diese Möglichkeiten attraktiv findet. Und da zeigt gerade unsere Bahnstraße, dass wir uns durch unsere Steuerungsmöglichkeiten im Moment wohltuend von den umliegenden Kommunen mit ihrem Stadtsterben abheben können.

Die Bahnstraße ist zwar nicht die große Flaniermeile – aber eben auch keine Avenida des Leerstandes. Es sind aber vor allem die Menschen, die Orte, Plätze und Wege annehmen und besetzen müssen. Wo man sich wohlfühlt, da trifft man sich. Wir müssen dafür auch ein „Denken wir neu“ zulassen.

Durch den unglücklichen Einsturz und den notwendigen Abriss der alten Scheune in der Bornhohl 4, ergibt sich nun vielleicht tatsächlich die Möglichkeit einer neuen Wegeverbindung zur Kirchgasse. Der angedachte Weg vom Freien Platz durch die kleine Bornhohl hoch zum Alten See schafft eine ganz andere und ebenfalls völlig neue Wegeverbindung. Hier verbinden sich möglicherweise zwei Stadtteile miteinander, von denen viele bisher eigentlich gar nicht gewusst hatten, dass sie getrennt waren. Seit ich diese Idee kenne, bin ich fasziniert davon und möchte das zusammenführen was zusammen-gehört.

Zwei Beispiele, die zeigen, dass „Historischer Erhalt“ und „Denken wir neu“ bestens zusammenpassen – vielleicht sogar die einzige Möglichkeit aufzeigen, um kreative Ideen erfolgreich und modern umsetzbar zu machen. Nun ist es an uns die Möglichkeiten und Rahmenbedingen zu schaffen, die es der Stadt ermöglichen notwendigen Raum zu steuern oder zu erwerben.

VORKAUFSRECHT

Und damit kommen wir nun zu den vorliegenden vier Vorkaufsrechtsatzungen. Diese Vorkaufsrechte erscheinen ein notwendiges Instrumentarium, um ambitionierte Ideen auch umsetzbar machen zu können. Wir werden den Vorlagen auch zustimmen – dennoch möchte ich an dieser Stelle durchaus auch auf große Bedenken eingehen, die im Vorfeld laut geworden sind. Bedenken, die wir in der Fraktion intensiv diskutiert haben. Es entspricht eigentlich absolut nicht unserem liberalen Gedanken, wenn die Stadt, das Land oder der Bund in derartige persönliche Verkaufsentscheidungen der Bürger eingreifen kann. Aber, und das ist unser Ansatz, mit dem wir dennoch in dieser Vorlage unseren Frieden finden können: es entsteht für den Verkäufer nicht zwangsläufig ein Nachteil. Er kann innerhalb der Familie weiterhin frei an jeden verkaufen. Er kann es auch grundsätzlich verkaufen: entweder an einen bis dato nicht bekannten Käufer oder eben zu gleichen Konditionen an die eingreifende Stadt. Der Einschnitt greift nur, wenn man gezielt an einen Freund verkaufen würden wollte. Das könnte möglicherweise nicht umsetzbar sein. Die Wahrscheinlichkeit einer derartigen Konstellation ist allerdings nicht ganz so hoch.

Auch das Beispiel des alten Gewerbegebiets auf der REWE/Aldi-Seite zeigt, dass eine Steuerung manchmal sinnvoller erscheint als ein vollständig freier Markt. Natürlich besitzt die Kleinteiligkeit des Gewerbegebiets die Möglichkeit zu einer Vielfalt verschiedenster Gewerbeformen, – aber, und das ist auch kein großes Geheimnis, führt diese Kleinteiligkeit nicht immer zu den dringend benötigten markanten Gewerbesteuereinnahmen.

Wenn man diese Situation langfristig verändern möchte, dann ist das Hilfsmittel des Vorkaufrechts nahezu die einzige Möglichkeit bei einem geplanten Verkauf die langfristigen Stadtentwicklungsinteressen einfließen zu lassen. Es zählt auch hier der Einzelfall und die Abwägung, ob uns mal die individuelle und spezielle Kleinteiligkeit wichtiger erscheint, oder eben auch an anderen Stellen das Zusammenführen von Einzelflächen zu attraktiven Großflächen.

Die Stadt und auch wir Stadtverordnete haben so zumindest einen Zugriff auf unsere zu gestaltende Zukunft. In allen vier Bereichen ist der Magistrat in Zukunft gefordert gute Argumente für einen Kauf zu bieten, damit wir in der Stadtverordnetenversammlung die Entscheidungen mittragen können.

Und hier findet der freie liberale Geist wieder zur Steinbacher Seele. Es geht um das Beste für unsere Heimatstadt.