Redebeitrag Kai Hilbig zum Thema Haushalt 2023

07.11.2022

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, sehr geehrte Damen und Herren vom Magistrat, liebe Bürger, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

vor uns liegt der Haushalt 2023 zur Abstimmung. Ein Haushalt, der ein Volumen von 25 Millionen hat und damit nochmals leicht über den Haushalten der vergangenen Jahre liegt, was aber eher den allgemeinen Kostensteigerungen, denn neuen Ideen, geschuldet ist. Dieser Haushalt wird von einigen markanten Werten dominiert wird. Ich gebe hier verkürzt den Vorbericht des Haushaltes 2023 wieder:

Die Kreis- und Schulumlage an den Hochtaunuskreis wird im Jahr 2023 5.765.620 € für Kreis- und 2.956.150 € für die Schulumlage betragen. Dies allein sind bereits 34% der ordentlichen Aufwendungen.

Dazu kommen Personal- und Versorgungsaufwendungen, sonstige Steuern, Umlagen, Zuweisungen, Zuschüsse, Zinsen und Abschreibungen.

Schlussendlich bringt es der Vorbericht auf den Punkt:

Es verbleiben für Sach- und Dienstleistungen 13% des Gesamtausgabevolumens von denen u.a. die Unterhaltung bezahlt werden muss. Die „gestalterische Freiheit“ ist somit stark eingeschränkt.

In diesem Zusammenhang ist ein weiterer Wert sehr interessant:

ca. 1/5 des Haushalts werden für Kinder und Familien aufgewendet

Kinderbetreuung ist der Punkt, der alle kommunalen Haushalte in diesen Jahren an ihre Grenzen und darüber hinaus bringt. Die Kosten sprengen den Rahmen und steigen stetig weiter, weil sich die Anforderungen, Vorgaben und auch das Gehaltsniveau nur in eine Richtung verändern. Das ist wie gesagt, kein reines Steinbacher Problem. Das ist ein Problem aller hessischen Kommunen. Wir werden mit den steigenden Kosten der Kinderbetreuung weiterhin allein gelassen. Wir bieten unseren Familien den Wohnraum, den sie zum Arbeiten im Rhein-Main-Gebiet brauchen. Diese Familien bringen die Rhein-Main-Region wirtschaftlich voran und in Spitzenregionen Deutschlands – die Kosten für die Kinderbetreuung verbleiben in Steinbach.

Hier muss Wiesbaden – hier muss die Landesregierung aus CDU und Grünen endlich geeignete und faire Lösungen anbieten. Es kann nicht sein, dass wir eine gesamt-gesellschaftliche Aufgabe in den einzelnen Kommunen schultern müssen. Und schauen wir uns um: alle Städte rundherum haben diese Probleme mit Ihrem Haushalt. Alle kämpfen mit den Kosten der Kinderbetreuung und viele gehen den Weg über Personaleinsparungen an anderer Stelle.

Auch dadurch ist die Personalsituation in allen städtischen Bereichen angespannt. Und was es noch schlimmer macht: Für die zu wenigen Stellen gibt es dann auch noch zu wenige Fachkräfte. Wir bemerken das neben der Betreuung ebenfalls in unserer Verwaltung und am Bauhof und können froh und dankbar sein, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt Steinbach sich voll reinhängen und eben nicht dem landläufigen Klischee der „Däumchendreher“ entsprechen. Sie haben dafür unseren hohen Respekt verdient.

Als Fraktion hat uns dieser Haushalt 2023 in den Beratungen einiges an Kopfzerbrachen bereitet. Die ersten Überlegungen während der Zusammenstellung durch die Verwaltung der Stadt Steinbach gingen noch von einer Erhöhung der Grundsteuer A auf 800 Punkte aus. Das war jedem schon seit dem vergangenen Jahr bewusst. Als dann die immer Haushaltszahlen konkreter wurden, zeigte sich aber immer noch ein Defizit von ca. 900.000€ auf.

Nun geht es einer Stadt nicht anders als einer normalen Familie: egal wie die Rahmenbedingungen sind, egal wie die Großwetterlage sich darstellt, egal welche Viren uns das Leben schwer machen oder welcher Verrückte durch Europa wirbeln möchte: wir können nur mit dem haushalten, was wir auch wirklich haben.Durch unsere Teilnahme am Entschuldungsprogramm Kommunaler Schutzschirm waren und sind wir diesen Druck zu ausgeglichen Haushalten seit Jahren gewohnt und für das solide Wirtschaften einer Stadt sollte es sich auch so gehören.

Zu den begleitenden Faktoren eines Steinbacher Haushaltes gehört seit Jahren die Erkenntnis , dass wir kein Ausgabe – sondern ein Einnahmeproblem haben. Steigende Kosten gibt es in jeder Kommune, steigende Aufwendungen für Kinderbetreuungen ebenfalls – aber in vielen Nachbargemeinden steigen in der Regel auch die Einnahmen durch ein gesundes Gewerbe und deren Gewerbesteuern an. In Steinbach ist das prinzipiell nicht anders, aber auf einem ganz anderen, viel niedrigerem Niveau. Um dieses Niveau anzuheben, investieren wir in diesen Jahren nun ebenfalls wieder kräftig ins Gewerbe.

Allein… Diese Gewerbeflächen kommen für das Haushaltsjahr 2023 und die kommenden Jahre einfach zu spät. Sie hätten vor 10 oder 15 Jahren fertig sein müssen, denn dann würden sie uns heute durch eine andere Haushaltssituation begleiten können.

Das neue Gewerbegebiet „Im Gründchen“ wurde aber erst nach 2009 durch Bürgermeister Stefan Naas angeschoben. Wir haben vorher, rund um den Jahrtausendwechsel, viele Jahre und damit zu lang, schlichtweg falsche oder gar keine richtungsweisenden Entscheidungen getroffen. Das darf uns nicht mehr passieren!

In diesen Jahren bleibt uns aus Sicht der Freien Demokraten nichts anderes übrig, als dass wir die Einnahmeseite durch jährliche Anpassungen der Steuersätze für die Gewerbesteuer, aber auch für die Grundsteuer, immer wieder neu bewerten und neu justieren müssen. Für viele von uns bedeutet das eine erkennbare Veränderung in unserem Portemonnaie und einer Veränderung des privaten Konsumverhaltens – das macht keinen Spaß und schmälert unseren privaten Spielraum. Es gibt aber eben auch die Mitbürgerinnen und Mitbürger, die die Auswirkungen einer Grundsteuererhöhung ratlos zurücklassen. Sie stellt sie vor die Frage, wie es in Steinbach weitergehen soll, wenn diese Erhöhung den weiteren Stein vor die eigene Haustüre legt, der neben den vielen anderen schweren Steinen wie höhere Energiekosten, höhere Kosten für die Grundnahrungsmittel, Treibstoff und einfachen Freizeitaktivitäten eben das eigene Fass zum Überlaufen bringt.

Diese Problematik gilt es zu lösen. Wir wissen darauf auch keine genaue Antwort, aber es ist unsere Gemeinschaft und damit unser Deutschland, dass diese Schieflage auffangen muss. Dafür haben wir das Gebilde Staat und leben gemeinsam unter diesem Dach. Besonders dieser Punkt hat in unserer Fraktion, und wie ich höre auch bei den anderen Fraktionen, intensive Grundsatzdiskussionen ausgelöst, deren Folgen in unserer politischen Landschaft weiterhin zu spüren sind. Wir müssen in diesen Tagen wachsam auf die schauen, die gefahrlaufen durch unser soziales Netz zu fallen und den Druck auf Berlin hochhalten. Hier erwarte ich neben Energiepreispauschale, Gaspreisbremse oder -deckel und Inflationsausgleichsprämie weitere pragmatische Lösungen für die Schwächeren unserer Gesellschaft.

Über „pragmatisch“ möchte ich zurück nach Steinbach kommen. Wir Kommunalpolitiker hier im Raum haben nicht Deutschland zu retten, wir haben einen Haushalt für die Stadt Steinbach aufzustellen. Ein Haushalt, der funktioniert und damit umsetzbar ist. Wir müssen pragmatisch ein Zahlenwerk schnüren und umsetzen, dass den heutigen Vorgaben entspricht, gleichzeitig aber auch die richtigen Weichen für unsere Reise in die eigene Zukunft stellt. Unser Haushalt 2023 ist kurzfristig, also jetzt, nur durch eine Erhöhung der Grund- und Gewerbsteuer zu finanzieren. Dabei gibt es durchaus andere Überlegungen einer Gegenfinanzierung, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte.

Ein immer wieder genannter Diskussionspunkt ist dabei die Beurteilung und Verwendung von außerordentlichen Einnahmen. Dahinter verbergen sich die Verkaufserlöse der letzten verbliebenen Grundstücke in Steinbach.  Sie alle kennen die Diskussion um die hohen Kosten für Bauland – damit verbunden, und auch das gehört zur Wahrheit dieser Jahre, sind glücklicherweise auch höhere Erlöse für die Stadt Steinbach. Es wäre nun ein leichtes zu sagen: wir nehmen einen Teil dieser Erlöse und decken damit das Defizit des Haushalts und entlasten somit unsere Bürgerinnen und Bürger. Allerdings und auch das gehört zur Wahrheit, könnten wir das vielleicht vier oder fünf Jahre so machen und dann wäre auch dieses Geld nahezu aufgebraucht und damit dann für immer unwiederbringlich verloren.

Geld, das wir eigentlich in unsere Zukunft investieren wollen und müssen, denn wir dürfen nicht die gleichen Fehler des Stillstandes aus der Vergangenheit wiederholen und damit nichts aus diesen gelernt zu haben. Denn eines ist in den vergangenen Jahrzehnten klar geworden:

Man kann eine Stadt nicht abwohnen

                          …man muss auch maßvoll in deren Zukunft investieren. 

Wir, die wir über den Haushalt befinden sind angehalten diesen ordentlich aufzustellen und damit die gesetzlichen Vorgaben und Aufgaben einer Kommune sicherzustellen. Wir haben aber anderseits auch die gestalterische Verantwortung für die kommenden Jahre.

Und hier greift eine andere Erkenntnis der vergangenen Jahrzehnte:

Man kann kein Geld sparen

                                                durch weniger Investitionen in die Zukunft.

Unsere Zukunft liegt dabei zum Beispiel im Bau einer dringend benötigten neuen KiTa im Süden Steinbachs. Sie wird die Möglichkeiten schaffen, dass eine Familie das Familieneinkommen gemeinsam erwirtschaften kann und dass die Kinder gleichzeitig soziale Kompetenz, ein buntes Miteinander und Gemeinschaft erlernen und erleben.

Unsere Zukunft liegt in unserer Sicherheit und der Umsetzung der gesetzlichen Rahmenbedingungen. Das neue Feuerwehrgerätehaus wird die Leistungsfähigkeit unserer Feuerwehr bewahren und fördern. Gleichzeit schafft sie neue Möglichkeiten der Kindes- und Jugendarbeit in der Feuerwehr. Wenn man die speziellen Steinbacher Zahlen der Mini-Feuerwehr oder zum Schulprojekt Feuerwehr mit der GSS hört, dann erkennen wir hier eine Säule der Steinbacher Jugendförderung.

Unsere Zukunft liegt aber auch im Städtebauprogramm „Lebendige Zentren“, dass sich vereinfacht gesagt, wie das außerordentlich erfolgreiche Projekt „Soziale Stadt“, über eine 1/3 zu 2/3 Aufteilung der Kosten finanziert. Steinbachs Straßen und Kanäle sind besonders im alten Stadtkern 60-70 Jahre alt. Diese werden irgendwann erneuert werden müssen. Über dieses Programm erspart sich die Stadt 2/3 der Kosten dafür – aber das restliche Drittel muss dafür eben auch aufgebracht werden.

Das Programm „Lebendige Zentren“ zielt aber auch auf die Bewahrung eines gesunden Altstadtkerns ab, dessen Erscheinungsbild maßgeblich den Erfolg dieses Programms ausmachen wird. Nicht zu vergessen sind die finanziellen Anreize, die dieses Programm in Richtung richtiger Umwelt- und Klimaverbesserungen führt.

Eine nicht so ferne Zukunft ist die Verkehrsberuhigung in der Kronberger Straße, die Steinbachs Einfallstraße aus dem Taunus entschärfen und neu aufstellen wird.

In der Pipeline sind aber auch andere Projekte, die alle schon angedacht sind oder angedacht werden, die aber alle für sich ein Schritt in die Moderne bedeuten werden:

Da wäre das Projekt Rathaus, ob als Sanierung oder Neubau, das heute energetisch katastrophal und von den Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter eine Zumutung darstellt. Ganz zu schweigen von der nicht vorhandenen Barrierefreiheit für Mitarbeiter, Kunden und Besucher.

Das ist das Radwegekonzept, dass uns bereits ausgearbeitet vorliegt und wir bei Bedarf aus Einzelmaßnahmen auswählen können, wie wir den Radverkehr moderner, umweltbewusster und sicherer gestalten können.

Da ist die momentane Ausarbeitung zu Ideen rund um die Steinbachaue, die auf verschiedenen Wegen bisherige Ideen mit neuen Ideen verknüpfen möchte und somit den markanten Freizeitbereich und grüne Oase für die Steinbacherinnen und Steinbacher erhalten und gleichzeitig in die Zukunft bringen möchte.

Alle diese Maßnahmen werden dafür sorgen, dass Investoren weiterhin in den modernen Standort Steinbach investieren werden und somit der Bau von neuen Wohnungen oder die Umgestaltung von vorhandenem Wohnraum kreativ voranschreiten kann.  Wohnraum für junge Steinbacher – Wohnraum für älter werdende Steinbacher. Das Beispiel Taubenzehnter II, 3. Bauabschnitt wird zeigen wie viele moderne Wohnungen entstehen können. Und das mit einem Anteil von 1/3 für Wohnung mit bezahlbaren Mieten.

Wir stehen in Deutschland und damit auch in Steinbach vor den großen gesellschaftlichen Umwälzungen und Aufgaben der kommenden Jahre zur Energiewende mit Solaranlagen, eMobilität und Maßnahmen zur Energieeinsparungen.

Unsere Zukunft liegt aber auch in der Stärkung und Bewahrung der Stadtgesellschaft. Wir müssen unseren Mitbürgern ein Leben in einer Stadtgesellschaft ermöglichen, dass ihnen lebenswert erscheint. Ein Leben in einer vielfältigen bunten Gesellschaft, die Stolz auf ihre Heimatstadt ist oder die Steinbach zu deren Heimatstadt werden lässt.

Der Haushalt und die Arbeit der Freien Demokraten zeigt, dass wir zusammen mit unserem Koalitionspartner der SPD Steinbach in die richtige Zukunft entwickeln. Die Zusammenarbeit mit Bürgermeister Steffen Bonk ist weiterhin zielgerichtet und vom Vertrauen zum Wohle Steinbachs geprägt. Diese Konstellation scheint gut zu funktionieren, denn mit Blick auf die vielen Zukunftsprojekte frage ich mich, wer was hätte anders oder mehr hätte machen können? Zur Wahrheit gehört an dieser Stelle aber auch der Dank an die Fraktionen der Bündnis/Grünen und der CDU für die enge Zusammenarbeit und den vertrauensvollen Austausch in den Fraktionsvorsitzendenrunden. Es ist gut, dass wir uns gegenseitig fordern aber die Zeit nicht mit unnützen Grabkämpfen verbringen müssen.

Gemeinsam stellen wir uns dem immer wieder aufkommenden Gegenwind, der natürlich bei vier Parteien aus vier verschiedenen Richtungen weht – wir stellen uns aber auch den zähen Problemen der Gegenwart, schauen nach vorne und gestalten so mit Anregungen der anderen die Gegenwart und bereiten die Zukunft vor, die sich ein selbstständiges Steinbach verdient hat.