Angebliche Kindertagesstätten-Gebührenfreiheit eine Mogelpackung
Bei der nächsten Stadtverordnetenversammlung am 23. Oktober 2017 will die FDP-SPD-Koalition den Magistrat beauftragen, alles dafür in die Wege zu leiten, damit die Stadt Steinbach die Förderung der Halbtagsbetreuung von Kindergartenkindern durch das Land Hessen in Anspruch nehmen kann, die Antragstellung zu prüfen und vorzubereiten und der Stadtverordnetenversammlung eine Aufstellung der finanziellen Auswirkungen für Steinbach sowie einen Finanzierungsplan vorzulegen.
FDP und SPD kritisieren die angebliche Gebührenfreiheit für die Halbtagsbetreuung von Kindergartenkindern als Augenwischerei: Die Gebührenfreiheit wird nach den Plänen der hessischen Landesregierung durch eine Entnahme aus dem kommunalen Finanzausgleich (KFA) und somit über indirekte Steuererhöhungen der Städte und Gemeinden finanziert, und zudem werden den Kommunen Folgekosten aufgebürdet, die ebenfalls nur durch kommunale Steuern finanzierbar sind. Astrid Gemke, FDP-Fraktionsvorsitzende: »Eine totale Milchmädchenrechnung.«
Es würde der Eindruck erweckt, dass die Kindergartengebühren für die Eltern nun gänzlich entfallen. Jedoch sollen die Kommunen lediglich 136 Euro pro Kind und Monat für eine sechsstündige Betreuung erhalten – ein Betrag, der nicht einmal annähernd kostendeckend sein kann und indirekt die Gebühren für den restlichen Tag deckelt. Die Stadt Steinbach wird dadurch gleich in mehrfacher Hinsicht belastet: Die Stadt wird gezwungen, die Zahl der Betreuungsplätze weiter massiv auszubauen, d. h. neue Gebäude zu bauen, oder alte Gebäude zu vergrößern oder umzubauen und weiteres Personal einzustellen. Gemke: »Die Frage wird sich darüber hinaus stellen, wie die Stadt dies alles stemmen soll. Zur Zeit ist es schon fast unmöglich, neue Erzieherinnen zu finden und diese dann auch anzustellen, alleine weil die Stadt nicht so viel bezahlen kann wie andere Kommunen.«
Die Kosten für die neuen Plätze müsste Steinbach selbst aufbringen bzw. finanzieren. Dies ist realistischerweise nur durch die Erhöhung kommunaler Steuern möglich, namentlich der Gewerbesteuer, deren Erhöhung durch Abwanderung von Betrieben auch zu Mindereinnahmen führen kann, und der Grundsteuern A und B, also Steuern, die von Wohneigentümern und Mietern zu erbringen sind. Astrid Gemke: »Da beißt sich die Katze am Ende in den Schwanz!«
Sogar der Landeszuschuss von 136 Euro pro Kind und Monat soll zu einem Drittel von den Kommunen erbracht werden: Das Land will dafür erneut den kommunalen Finanzausgleich (KFA) plündern und 155 Mio. Euro aus den KFA-Schlüsselzuweisungen entnehmen. Auch dieses Geld wird somit den Kommunen entzogen.
Aus diesem Grund wird das Land Hessen auch aufgefordert, statt dem vorgeschlagenen untauglichen Finanzierungsmodell seinen Anteil an den Betriebskosten der Kindertagesstätten schrittweise zu erhöhen und den Kommunen damit die Möglichkeit zu geben, den dringend notwendigen Ausbau der Kinderbetreuung weiter voranzubringen und gleichzeitig die Eltern zu entlasten.
Dass die Betreuung von Kindern unter drei Jahren (U3) vom Land Hessen überhaupt nicht berücksichtigt wird, kritisieren FDP und SPD als familien- und bildungspolitisch kurzsichtig: Es sei inzwischen verschiedentlich dokumentiert, dass frühkindliche Bildung für Kinder unter drei Jahren für die Gesellschaft eine besonders hohe Bildungsrendite für jeden eingesetzten Euro erbringt. Hier sollte außerdem der Gleichheitsgrundsatz gelten.